1690 errichtete man auf dem Werder (Insel) in der Schwentine, nahe dem Neumühlener Ufer, eine Bork- und Lohmühle. Hier wurden u. a. die Felle der zahlreichen Rinderherden von den großen Gütern der Probstei gegerbt. Das sogenannte „Bannrecht“, ein Privileg der Lohmühle, verpachtete man an das Amt der Schuster in Kiel.
Um der alljährlichen sommerlichen Betriebsflaute der Kornmühle und den veränderten Anbaubedingungen der Landwirtschaft Rechnung zu tragen, entstand „unterm Julimond“ 1772, benachbart zur Lohmühle am Neumühlener Ufer, eine Ölmühle als Nebenbetrieb.
1779 erwirbt der Kaufmann Johann Joachim Kühl, von seinem Schwiegervater Hans Wiese, die (Erbpacht) Öl – und Lohmühlen. Zwei Jahre später erhielt er die Erlaubnis zum Bau einer Seifensiederei und Kalkbrennerei auf der Schwentineinsel. – Jetzt liegen hier die Motorboote der „Schwentinetalfahrt“.
Benachbart befand sich etwa unter der heutigen Schwentinebrücke ein Wäschewaschplatz, an dem auch die Wäsche für das Kieler Schloss gewaschen wurde. Weiter flussaufwärts lag eine Knochenmühle, die die Grundsubstanz zur Seifenherstellung erzeugte.
1784 pachtete Kühl vorübergehend noch die Kornwassermühle, heute Schönberger Str. 2, dazu. Damit hatte er die wichtigsten Betriebe am Schwentineunterlauf in seinen Händen. Er betätigte sich aber auch als Schiffsmakler und Reeder. Auf eigene Rechnung gelangten seine verschiedenartigen Mühlenprodukte auf gecharterten oder eigenen Schiffen in zahlreiche europäische Häfen, ja sogar bis nach Amerika.
1805 kaufte er die Gebäude Oppendorf und Schönhorst. Da aber die finanziellen Kaufvertragsbedingungen von ihm nicht erfüllt werden konnten, verlor er 1819 nach einem jahrelangen Prozess gegen Rantzaus Erben, den Vorbesitzern der Gebäude, diesen Besitz mit erheblichen Verlusten. Von nun an ging´s mit seinem Unternehmen bergab. 1820 verstirbt Kühl mit 73 Jahren in Neumühlen.
1836 erwirbt der englische Vicekonsul Birch die Loh – und Ölmühle und lässt sie 1841 abreißen. Mit seinem Schwiegersohn errichtet er an gleicher Stelle einen Neubau, die „Birch – Hirschfeld‘sche Mühle„. Bereits nach wenigen Betriebsjahren wird sie 1863 stillgelegt.
Die Erben Birchs verkaufen das Anwesen an die Brüder der Johannes und Ferdinand Lange aus Altona. Diese erwerben 1864 auch die „Kornwassermühle“ dazu. Sie wird später einmal ihr (umgebautes) Wohnhaus werden.
Die „Hirschfeld‘sche Mühle“ wird abgerissen und durch einen gewaltigen 8-stöckigen Mühlenneubau mit 60 Mahlgängen, der „Lange’schen Mühle“ ersetzt. Die 8 gemauerten Gewölbe, durch die das Wasser zum Antrieb der Turbinen schoss, sind heute die einzig verbliebene Erinnerung an dieses Gebäude.
Im Juli 1874 vernichtet ein Großbrand die erst 10 Jahre alte Mühle, erst nach einer Woche ist das Feuer endgültig gelöscht. Der Schaden beträgt drei Millionen Reichsmark.
1875 kann die neue, noch größere und leistungsfähigere Mühle mit 80 Mahlgängen in Betrieb genommen werden. Wobei es auch sein kann, das die neue Mühle schon mit Walzenstühlen betrieben wurde, leider konnte hierüber nichts in Erfahrung gebracht werden. Ein Kesselhaus mit zwei Dampfturbinen machte die Mühle jetzt unabhängig vom Wasserstand.
Nachdem die Schwentine vertieft und der untere Inselteil weggebaggert wurde, entstand sogar eine mühleneigene Reederei mit 12 Schiffen (z. T. bei Howaldt gebaut) die, die Mühlenprodukte in erster Linie nach England, aber auch in die Übersee exportierte.
1881 geht die Mühle in den Besitz der „Baltischen Mühlengesellschaft – AG“ über und erhielt den Namen „Baltische Mühle„, 1898 arbeiten dort 170 Beschäftigte.
1900 wurde links neben dem Kesselhaus ein Getreidespeicher inkl. einer Schiffsentladung errichtet. In diesem wurde später die neue Mühle eingerichtet.
1912 bis 1914 ist die Mühle im Besitz von Peter Kruse aus Kappeln. Danach gehört sie unter dem Namen „Holsatiamühle“ dem Hamburger Kaufmann Lebensbaum. Er geht in dieser Zeit mit dem Betrieb in Konkurs. Nach dem 1. Weltkrieg wird die Mühle modernisiert.
Nach der Pleite von Lebensbaum wird die Mühle als „Holsatia G.m.b.H.“ betrieben und 1932/1933 ein neues Silo (Lagerkapazität 15.000 t), hinter dem Getreidespeicher von 1900 gebaut.
Bei einem Bombenangriff im zweiten Weltkrieg am 9. April 1945, wurde das Mühlengebäude zerstört und nicht wieder aufgebaut. Stattdessen wurde in dem alten Getreidespeicher eine neue Mühle eingerichtet und 1952 von den Kampffmeyer-Mühlen übernommen.
Am 30. Juni 1993, mit zuletzt 12 Mitarbeitern, wurde der Mühlenbetrieb der Holsatiamühle eingestellt.
Im Jahre 1996 vernichtete ein Feuer dann das Dach der Mühle. Die Witterungseinflüsse zerstörten dann schleichend das Gebäude. Eine neue Nutzung konnte nicht gefunden werden. Obwohl das Gebäude unter Denkmalschutz stand, konnte der Abriss 2008 letztlich nicht verhindert werden.
Das Getreidesilo wurde später zu einem Wohnhaus umgebaut, das den Namen „Albert-Einstein-Haus“ trägt. Hier werden heute Wohnräume für Studenten der nahegelegenen Fachhochschule angeboten.
Der weithin sichtbare Schornstein wurde gesprengt und die Nebengebäude abgerissen. Erhalten blieb nur das Maschinenhaus, in dem sich heute ein Restaurant befindet.
Geschrieben von Sönke Petersen/Jan Wiedenroth