Groß Lafferde • Mühle Wilhelm Lampe

Baujahr: 1888/1963 ● Gebäudetyp: Erst Holländer-Windmühle, später Dampf- dann Motormühle ● Mühlenart: zuerst Getreide- und Futtermühle, danach nur Getreidemühle ● Betriebszustand: 1987 den Betrieb eingestellt und 1997 Mühlengebäude abgerissen
Baujahr: 1888/1963 ● Gebäudetyp: Erst Holländer-Windmühle, später Dampf- dann Motormühle ● Mühlenart: zuerst Getreide- und Futtermühle, danach nur Getreidemühle ● Betriebszustand: 1988 den Betrieb eingestellt und 1997 Mühlengebäude abgerissen

1888 ließ Wilhelm Lampe von dem Maurermeister Sack das Gebäude einer Holländermühle errichten und beauftragte dem Mühlenbaumeister Huhle aus Münstedt mit der Einrichtung der Mühle, die anfangs aus einem Schrotgang, zwei Mahlgängen und einem Spitzgang bestand. Der komplette Bau der Mühle kostete 18.000 Goldmark. Der Betrieb war anfangs noch ganz auf Lohnmüllerei aufgebaut, wobei Hauptsächlich Futterschrot verarbeitet wurde.

1892, vier Jahre nach dem Bau der Mühle, war ein windarmes Jahr. Im Dorf mangelte es an Schrot und die Bauern kamen aus den umliegenden Dörfern, besonders aus Münstedt um ihr Getreide schroten zu lassen, sie drangen förmlich um Hilfe. Aus dieser Situation heraus schaffte Wilhelm Lampe eine Lokomobile an, um zum Schroten und Mahlen nicht mehr Windabhängig zu sein.
Damit war das Unternehmen technisch beachtlich fortgeschritten was für Groß Lafferde den Einzug der Technik in den Ort bedeutete. 1896 wurde der erste Walzenstuhl angeschafft und wiederum vier Jahre später eine leistungsfähigere, 50 PS starke Lokomobile.

Nach dem Tod von Wilhelm Lampe im Jahr 1902, übernahm sein Sohn ebenfalls Wilhelm, der in der Bergmühle in Grasdorf lernte, den Betrieb seines Vaters und erweiterte die Mühle durch einen zweiten Walzenstuhl. Die Mühle galt schon jetzt als eine sehr moderne Kleinmühle und wurde von anderen Müllern sehr bewundert. Wilhelm Lampe jun. war 1907 Mitgründer der Müllerinnung Peine.

Seit 1905 waren zwei Müller und ein Lehrling in der Lampeschen Mühle tätig. Eine Dorfmühle mit zwei Walzenstühlen, einen Mahlgang, drei Sichtmaschinen und einem Plansichter von AGK war 1913 nicht alltäglich. Die Schrotmüllerei nahm in den Jahren bis zum ersten Weltkrieg einen großen Aufschwung; der Schrotgang lief von früh Morgens bis spät Abends. So verkaufte die Ehefrau von Wilhelm, Anna, neben Mehl und Futtermitteln an manchen Tagen 50 Zentner Schrot. Weizen- und vor allem Roggenmehl wurden nach Klein Lafferde und Münstedt, manchmal auch noch in die weitere Umgebung verkauft.

Mühle Wilhelm Lampe zu Betriebszeiten als Windmühle.
Mühle Wilhelm Lampe zu Betriebszeiten als Windmühle.

1910 baute Wilhelm Lampe neben der Mühle ein Elektrizitätswerk welches Gleichstrom zum Dreschen und für die Häuser und Stallungen von Groß Lafferde lieferte. Die 1900 für die Mühle gekaufte Lokomobile, ein 100 PS starker Dieselmotor und ein 50 PS Sauggasmotor sorgten für den Antrieb des E-Werkes.

Die Innenansicht des Elektrizitätswerkes. Foto: Aus dem Archiv von Karsten Schmidt
Die Innenansicht des Elektrizitätswerkes. Foto: Aus dem Archiv von Karsten Schmidt

Am 14. Januar 1919 starb Wilhelm Lampe jun. im alter von 49 Jahren. 1922 kündigte die Gemeinde Groß Lafferde den Vertrag über die Stromlieferung von Firma Lampe, nachdem sich die Witwe Wilhelms, Anna, weigerte einen Kompromiss hinsichtlich des Strompreises einzugehen. Die Gemeinde wandte sich der Großindustrie zu, die den Strom günstiger lieferte und die Maschinen des E-Werkes wurden verkauft.

Seit 1922 wurde die Mühle elektrisch angetrieben und die Windmühlenflügel, welche bis dahin noch hin und wieder in Betrieb waren, wurden entfernt. Die Mühle wurde auf Handelsmüllerei umgestellt und erzielte eine Leistung von 5t/24h.

Die Mühle 1922.
Die Mühle 1922.
Foto: Aus dem Archiv von Karsten Schmidt.
Foto: Aus dem Archiv von Karsten Schmidt.
Walzenboden vor der Modernisierung 1950. Foto: Aus dem Archiv von Karsten Schmidt.
Walzenboden vor der Modernisierung 1950. Foto: Aus dem Archiv von Karsten Schmidt.
Walzenboden vor der Modernisierung 1950. Foto: Aus dem Archiv von Karsten Schmidt.
Walzenboden vor der Modernisierung 1950. Foto: Aus dem Archiv von Karsten Schmidt.
Trieuranlage und Plansichter. Foto: Aus dem Archiv von Karsten Schmidt.
Trieuranlage und Plansichter. Foto: Aus dem Archiv von Karsten Schmidt.

In den 1940ger Jahren wurde ein neues Absatzgebiet bis nach Salzgitter und Celle gewonnen und die Mehle mit einem Lastwagen ausgeliefert. Um den in den letzten Jahren neu gewonnen Kundenstamm halten zu können und um gegen die Großmühlen Konkurrenzfähig bleiben zu können, erfolgte 1950/51 vom dritten Wilhelm Lampe eine völlige Erneuerung und Modernisierung des Betriebes. Hierbei wurde die Reinigungsanlage verändert, eine Grießputzmaschine angeschafft und der gesamte Betrieb auf pneumatische Förderung umgestellt. Hinzu kam ein kleines Labor mit den nötigsten Gerätschaften.

Der neue Walzenboden nach der Modernisierung 1951. Foto: Aus dem Archiv von Karsten Schmidt.
Der neue Walzenboden nach der Modernisierung 1951. Foto: Aus dem Archiv von Karsten Schmidt.
Ein weiterer ''kleiner'' Wilhelm Lampe, welcher später einmal den Mühlenbetrieb übernehmen wird. Foto: Aus dem Archiv von Karsten Schmidt.
Ein weiterer “kleiner“ Wilhelm Lampe, welcher später einmal den Mühlenbetrieb übernehmen wird. Foto: Aus dem Archiv von Karsten Schmidt.

Nachdem das alte Windmühlengebäude für den harten Konkurenzkampf und den stetigen Kapazitätserhöhungen für neue Maschinen nicht mehr ausreichte, wurde 1961 der Beschluss befasst, neben dem Windmühlengebäude eine neue Mühle nach dem neuesten Stand der Technik zu bauen, welche dann am 9. Dezember 1963 ihren Betrieb aufnahmen.

Auch die Lagerei und vieles andere war inzwischen zu klein geworden und es wurde 1969 ein Getreidesilo mit einer Lagerkapazität von 1000 Tonnen, später dann 2400 Tonnen errichtet.

1969: Links: Die neue Mühle, Mitte: Das alte Windmühlengebäude in dem sich nun die Getreidereinigung befindet, Hinten rechts: Das neue Getreidesilo. Foto: Aus dem Archiv von Karsten Schmidt
1969: Links: Die neue Mühle, Mitte: Das alte Windmühlengebäude in dem sich nun die Getreidereinigung befindet, Hinten rechts: Das neue Getreidesilo. Foto: Aus dem Archiv von Karsten Schmidt

Luftaufnahme der Mühle und den neuen Silos. Foto: Aus dem Archiv von Karsten Schmidt.
Luftaufnahme der Mühle und den neuen Silos. Foto: Aus dem Archiv von Karsten Schmidt.

Seit 1944 gehörte zu den größten Kunden der Lampe-Mühle die Celler Zwieback-Fabrik Harry Trüller welche später zu XOX-NABISCO wurde. Anfangs wurden zuerst alle 2 bis 3 Wochen ca. 15 t Mehl per Bahn ab Bahnhof Steinbrück nach Celle geliefert. Erst nach der Währungsreform wurde wegen der teuren Frachten und langen Laufzeiten der Bahn, das Mehl per LKW nach Celle gefahren.

Unter anderem produzierte Wilhelm Lampe für Trüller bzw. XOX-NABISCO ein 550er Weizenmehl mit der Bezeichnung Type 550 A-100, ein kleberarmes und kleberschwaches Mehl mit einem Feuchtklebergehalt von ca. 24 % und einem Protingehalt von ca. 10 %, also ein Keksmehl, welches nur aus den Winterweizensorten Jubilar, Carribo und Robert gemischt bzw. gemahlen wurde.
Die Typenbezeichnung A-100 habe ich so noch nirgends gehört und vermute mal das dies ein eigenes von Lampe entwickeltes Keksmehl, speziell für Trüller bzw. XOX-NABISCO war.

Foto: Aus dem Archiv von Karsten Schmidt.
Foto: Aus dem Archiv von Karsten Schmidt.
Eine Werbeanzeige in der Zeitung. Foto: Aus dem Archiv von Karsten Schmidt.
Eine Werbeanzeige in der Zeitung. Foto: Aus dem Archiv von Karsten Schmidt.
Einer der letzten Lampe-Müller in den 1980er Jahren bei einer Mahlgutkontrolle, vermutlich des 1. Schrotes (was an einigen Details des Walzenstuhles zu erkennen ist). Foto: Aus dem Archiv von Karsten Schmidt.
Einer der letzten Lampe-Müller in den 1980er Jahren bei einer Mahlgutkontrolle, vermutlich des 1. Schrotes (was an einigen Details des Walzenstuhles zu erkennen ist). Foto: Aus dem Archiv von Karsten Schmidt

Bis 1987 wurden in 3 Schichten auf 18 Passagen welche auf 9 MIAG-GN Doppelwalzenstühle aufgeteilt waren, Wöchentlich 250 t vermahlen. Ob bei Lampe an 7 Schichttagen täglich 35 t oder an 5 Schichttagen in der Woche, täglich 50 t vermahlen wurden, war aus dem Archiv von Karsten Schmidt, dem Cousin des letzten Wilhelm Lampe, leider nicht zu entnehmen. Im Mehlsilo konnten bis zu 120 t eingelagert werden.

Aufgrund der über Jahre anhaltenden Strukturkrise in der Müllerei, wurde nach langem überlegen und schweren Herzens, der Mahlbetrieb zum 1. Juli 1988 eingestellt. Die Einrichtung der Mühle wurde nach Südamerika verkauft und die Gebäude dem in Algermissen ansässigen Landhandel Gebr. Weiterer, welcher sie noch ein paar Jahre als Lager nutzte. 1997 dann, 9 Jahre nach Einstellung des Mahlbetriebes wurden die beiden Mühlengebäude abgerissen. Das Getreidesilo ist noch mit zum Teil vorhandene Technik erhalten, um welches heute ein Wohngebiet gewachsen ist.

Die Mühle Lampe gehört zu einen meiner Lieblingsmühlen und ich bedauere es wirklich sehr, das die noch nicht alte Mühle schon abgerissen wurde. Man hätte bestimmt auch eine andere Nachnutzung finden können.

Geschrieben von: Jan Wiedenroth

Das noch erhalten gebliebene Getreidesilo vom Mühlenweg aus gesehen. Foto: Jan Wiedenroth
Das noch erhalten gebliebene Getreidesilo vom Mühlenweg aus gesehen. Foto: Jan Wiedenroth
Das Getreidesilo von der ehemaligen Hofseite aus. Heute befindet sich ein Wohngebiet auf und um dem ehemaligen Mühlengelände herum. Foto: Jan Wiedenroth
Das Getreidesilo von der ehemaligen Hofseite aus. Heute befindet sich ein Wohngebiet auf und um dem ehemaligen Mühlengelände herum. Foto: Jan Wiedenroth

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert